Freitag, 27. Februar 2009

Klondike Highway


Die Straßen im Yukon sind auch um diese Jahreszeit gut zu fahren. Oft sind sie schneebedeckt, manchmal glatt - doch danach muss man sich nun eben einmal richten. Schneepflüge sind nach einem Schneefall im Dauereinsatz. Hier schneit es gerade, als ich nach Whitehorse fahre.

Hundeleben


Noch sind die 40 Schlittenhunde von unserem Nachbarn Didier ruhig. Doch nicht mehr lange. Sie bemerken eine Veränderung und starten ein begeistertes Geheul. Sie rennen im Kreise, machen Sätze, so weit es ihre Ketten erlauben. Sie springen auf ihre Hütten, rennen im engen Kreis. Sie wissen, gleich geht es los. Die ersten Tiere werden gepackt und an den Schlitten geführt. Das Kläffen, Bellen und Jaulen ist ohrenbetäubend. Jeder möchte dabei sein, will ziehen und rennen. Dafür sind sie geboren. Doch nicht alle können für den Trainingslauf ausgewählt werden.

Noch mehr Schnee


Wieder hat es in der Nacht geschneit. Wenn es so weiter geht, werden wir in diesem Jahr einen Rekord bekommen. Schon bereite ich mich darauf vor, mit der Schneefräße die Masse zu beseitigen. Dann sehe ich das Auto heran sausen. Der Pickup Truck ist zum Schneepflug umgerüstet. Der Kasten auf der Ladefläche enthält die schmalen Transportfächer für die Hunde. Es ist unser Nachbar Didier, der ungefähr 2 Kilometer entfernt lebt. Er nimmt sich die Zeit für diese freiwillige Nachbarschaftshilfe, obwohl er sich gerade auf den Yukon Quest vorbereitet. Das härteste Schlittenhunderennen der Welt. In diesem Jahr von Whitehorse nach Fairbanks, Alaska. Eine 1600 KM lange Rennstrecke.

Zufriede Hakengimpel


Männchen und Weibchen scheinen zufrieden zu sein. Von den Körnern gesättigt ist es wieder leichter, eine eisige Nacht zu überleben. Doch das friedvolle Bild hält nicht lange an. Wenn ein Schwarm von 20 oder 30 Zeißigen einfällt, werden sie den Platz räumen müssen.

Schlacht am Buffet


Zurückhaltung ist angebracht, scheint dieser Hakengimpel zu denken. Durch seine Größe ist er vielen Arten überlegen, doch wenn mehrere Weibchen erscheinen, hat er nur wenig Erfolg. Flatternde Flügel, pickende Schnäbel, herumspritzende Körner, der winterliche Alltag am Futterplatz.

Hakengimpel


Zwischen den kristallbedeckten, eisigen Zweigen flattert etwas. Der Farbtupfer scheint fremd zwischen den schneebedeckten Ästen. Der drosselgroße Hakengimpel ist die reinste Tropenpracht.
Schnell schwirrt er heran. Emsig hüpft er auf dem Schnee umher, das Gefieder aufgeplustert. Eiskristalle haben sich bei der Kälte über den Augen gebildet. Mit allen anderen Artgenossen genießt er das Körnermenü, das wir ihm anbieten.

Birkenzeisig


Ob wir die Freizeit draußen verbringen oder notwendiger Arbeit nachgehen, die Kälte macht uns wenig aus. Sind wir nicht harte Yukoner? Viele Leute sind für Stunden, manchmal für Tage, unter dem freien Himmel, trotz der Kälte von minus 30 Grad oder kälter. Irgendwann möchte dann aber jeder gerne zurück ins Warme. Auch wir freuen uns auf den warmen Holzofen, in dem die Scheite knistern.
Außerhalb unserer schützenden Wände herrscht weiter der Winter. Schneetreiben und noch kältere Temperaturen. Irgendwo suchen die gefiederten Bewohner des Waldes Schutz. Elster, Seidenschwanz, Meisen, Birkenzeisig, Häher, Spechte, Kreuzschnabel, der Hakengimpel und der kleine Sperling. Sie können nicht an einen wärmenden Ofen heran rücken - und wir stellen fest, wer wirklich die harten Yukoner sind.

Nordlicht


Die milden Tage des Januar hatten sich wieder verabschiedet. Nun fiel die Temperatur in den Nächten auf 35 bis 40 Grad minus. Für eine Woche gab es Sonnentage, mit blauem Himmel, kein Schneefall und klare Nächte.
Die schneebedeckten Fichten warfen lange Schatten, obwohl es fast Mitternacht war. Funkelnde Sterne nahmen der Nacht ihre unergründliche Schwärze. Da war ein Zauber in der eisigen Nordlandnacht. Der Himmel war zu einem pulsierenden Wesen aus Licht und Farben geworden. Leuchtende, grüne und silberne Bänder erstreckten sich von Horizont zu Horizont. Geisterhafte Fahnen wehten über den Hügeln, veränderten ihre Farben. Wie ein eisiger Feuerschein sprudelte es empor - ein aufwallender Lichtschweif, der sich bis zur Unendlichkeit auszudehnen schien und ebenso plötzlich wieder verschwand. Nordlicht!

Montag, 16. Februar 2009

Kolkrabe

Der Kolkrabe ist überall. Er ist intelligent, groß wie ein Bussard und gehört zu den Singvögeln. Vor einigen Jahren wurden bei einer Vogelzählung an der Müllhalde in Whitehorse zwischen 700 bis 900 dieser schwarzen Vögel gezählt.
Im Winter hat er die Hauptstadt des Yukon übernommen. Besonders auf den Parkplätzen vor den Supermärkten ist er anzutreffen. Sollte jemand seine Einkäufe auf die Ladefläche seines Autos gepackt haben und es für Minuten unbeobachtet lassen, sind sie da. Mit ihren klobigen Schnäbeln zerfetzen sie jede Verpackung, um an den Inhalt zu kommen. Von allen Seiten stürzen sie herbei und es werden immer mehr.

Heizkabel

Autos werden in der Stadt geparkt. Ob man arbeitet oder nur zum Einkaufen unterwegs ist. Bei extremer Kälte wird immer nach einer Steckdose geschaut. Locker schlingen einige Yukoner die Verlängerungsschnur um den Spiegel, damit sie bei Bedarf sofort greifbar ist.

Das liebe Auto

Die Fahrzeuge sollten im Norden alle mit einem "block heater" ausgerüstet sein. Ein Kabel wird an den Motorblock angeschlossen und für einige Stunden vorgewärmt. Manche Fahrzeuge haben auch eine spezielle Wärmeeinrichtung für die Batterie. Sonst kommt man noch nicht einmal aus seiner Einfahrt heraus.
Ein weiteres Problem kann der hohe Schnee sein. Wir haben ungefähr 100 Meter bis zum Klondike Highway. Bei der Steigung ist das nur mit Allrad möglich. Es kommt nur darauf an, richtig vorbereitet zu sein. In diesem Winter hatten wir noch keine Schwierigkeiten.

Minus 46 Grad

Im Januar hatten wir sogar minus 47 Grad. Ein normales Wetter im eisigen Yukon? Mit Sicherheit nicht. Die Tagestemperatur stieg für eine Woche auf ungewöhnliche 3 bis 4 Grad plus an. Vom Dach tropfte es. Das war uns zu warm. Zum Glück wurde es bald wieder angenehmer.

Eingeschneit

Schnee, Schnee und noch mehr Schnee. Für Tage hatte es geschneit. Schnee isoliert und hält warm. Doch wenn wir aus den Fenstern sahen, versperrte eine weiße Wand die uneingeschränkte Sicht. Langsam machte ich mir Gedanken, ob die Last auf dem Dach nicht zu schwer würde. Auf jeden Fall bedeutete es Arbeit.

Spuren von einem Nachbarn

Der Schnee kann Geschichten erzählen wie die Seiten eines Buches. Das weiße Land zeichnet in einer ungeordneten Liste alle Tiere auf, die am See, dem Bach und in unserer Nähe leben.
Die winzigen Abdrücke der Eichhörnchen sahen wir nur noch selten. Erst ein milder, sonniger Tag - oder nagender Hunger - lockt die Tierchen aus ihrem verborgenen Nest. Die typischen Paarspuren ihrer Feinde waren hin und wieder zu sehen: Von Wiesel und Marder.
Der Schneeschuhhase hoppelte um unser Blockhaus, als würde er auch dort wohnen. Er hat viele Feinde. Einer davon ist der Fuchs, dessen Pfotenabdrücke im Schnee wie eine locker aufgereihte Perlenkette aussehen.
Der kraftvolle, geschmeidige Luchs ist der größte Hasenjäger. Manchmal streifte er bei uns vorbei und seine dicht behaarten Pranken hinterließen tellerrunde Abdrücke.
Mit Kira wieder einmal in der Winterlandschaft unterwegs, stieß ich überraschend auf diese Spur. Das Tier war begeistert immer wieder für mehrere Meter durch den Schnee geglitten. Seine private Rutschbahn. Die wannenförmige Vertiefung war ungefähr 20 Zentimeter breit. Daneben war ein Schneeschuhhase gehoppelt. Für Hunderte von Metern folgten wir der Gleitspur. Tiefe Eindrücke zeigten mir, wo ein Elch den Bach überquert und zu den nahen Bäumen gestampft war. Dann kam ich an das Loch, aus dem der Fischotter gekommen war. Der Otter hatte genau gewußt, wo das Eis verhältnismäßig dünn war. Obwohl wir Temperaturen von -40 Grad gehabt hatten.

Wintereindruck im Januar

Die Winterlast hängt schwer an den Ästen der Bäume. Wenn die Schneeladung zu schwer wird, brechen Kaskaden aus dicken Schneebrettern ab. Sie schlagen auf andere Äste, der Baum schüttelt sich, schlägt nach seinem Nachbarn und es ist, als würde ein stummer Kampf stattfinden. Plötzlich steht eine Gruppe grünbrauner Stämme von der Last befreit, wippt und schwankt nackt zwischen den weißen Nachbarn.

Es schneit


Auch an so einem Tag gehe ich hinaus, denn immer ist draußen etwas zu tun. Mit Kira dann spazieren gehen kommt seltener vor, auch wenn das seinen besonderen Reiz hat. Der Schnee legt sich lautlos auf Büsche, Äste und Bäume. Die Sicht ist eingeschränkt, die Berge und Hügel vom Grau verdeckt. Stille umgibt uns und nur selten ist ein Fahrzeug auf dem Klondike Highway zu hören. Arbeit gibt es auch im Haus genug. Immer ist etwas zu tun. Doch ich sitze auch für einige Stunden am Computer, greife schon einmal zu einem Buch. Lesen, die Wärme im Haus genießen und zufrieden auf die Winterlandschaft hinaus schauen.

Winterlandschaft

Die Wälder sind im Winter wunderschön und nur ein bitterkalter Tag mit beißendem Wind, der heulend Schneefahnen vor sich hertreibt, kann mich mit Kira von einem Spaziergang durch die nordische Landschaft abhalten.